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Forum Baukultur: Landleben lebenswerter machen

Forum Baukultur: Landleben lebenswerter machen

Von: PS

Beim Forum Baukultur entwickelte sich eine angeregte Diskussion mit dem Publikum. Auf dem Podium (von links): Kreisheimatpfleger Peter Kern, Landrat Hans-Joachim Weirather, Moderator Thomas Drexel, Professorin Annette Plankensteiner, Architekt Thomas Laue

Das Unterallgäu besteht aus 52 politischen Gemeinden, die sich wiederum aus vielen Orten zusammensetzen. Es gibt also 120 bis 130 Dörfer im Landkreis. „Der durchschnittliche Unterallgäuer lebt in einem Dorf mit 1000 Einwohnern.“ Mit diesen Gedanken leitete Landrat Hans-Joachim Weirather das zweite Forum für „Baukultur im Unterallgäu“ im Forum in Mindelheim ein.

Weil es immer weniger landwirtschaftliche Betriebe gibt, stehen viele Hofstellen leer, die Ortskerne sterben aus. Dieser Entwicklung will der Landkreis zusammen mit einer Arbeitsgruppe entgegenwirken, damit das Unterallgäu attraktiv bleibt. Dazu seien nach dem Forum Baukultur weitere Veranstaltungen geplant, sagte Weirather. Zudem lobt der Landkreis erstmals einen Preis aus für besonders gelungene Bauprojekte. „Wir wollen aktivieren und Mut machen“, so der Landrat. Er plädierte dafür, alte Gebäude zu erhalten, doch Architektur müsse auch funktional sein.

Architekt und Kreisheimatpfleger Peter Kern sagte einleitend: „Wir wollen Baukultur entwickeln, pflegen und stärken.“

Erste Referentin des Forums war die Soziologie-Professorin Annette Plankensteiner. Architektur spiegle die Kultur und Geschichte eines Volkes wieder, erklärte sie. Ändern sich die Lebensumstände, wandeln sich auch die Bedürfnisse der Menschen an ihr Wohnumfeld: Einst war die Familie die gängige Lebensform und man arbeitete das ganze Leben lang in einem Betrieb. Heute gibt es viele Formen des Zusammenlebens, beruflich wird Flexibilität erwartet, Technik entwickelt sich rasend schnell. „Der ländliche Raum korrespondiert nicht mit diesen gesellschaftlichen Entwicklungen“, so Plankensteiner. Der Dorfkern sterbe aus, weil er seinen Zweck verloren habe - nämlich die Landwirtschaft, also die Produktion von Lebensmitteln.

Am Ortsrand hingegen entstehen Neubaugebiete. Diese Neubaugebiete wiederum stehen im Wiederspruch zur schrumpfenden Gesellschaft. „Wir brauchen nachhaltige Konzepte, um den ländlichen Raum neu zu beleben“, betonte die Soziologin.

Zweiter Referent war der Architekt Thomas Lauer vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege. Der immense Flächenverbrauch müsse gestoppt werden, meinte er. Er zeigte zahlreiche Beispiele, wie alte Gebäude in Bayern umgebaut wurden, sodass sie wieder genutzt werden können. Lauer betonte, es habe auch Vorteile, auf dem Land zu leben: die Nähe zur Natur, günstigere Preise, mehr Platz.

Immer wieder tauchte auch der Begriff Heimat auf. Deutlich wurde: Heimat ist heute nicht mehr zwingend der Geburtsort, sondern der Ort, an dem man Freunde hat, sich wohl fühlt. Dörfer zu einer „Heimat“ zu machen, sei das Ziel.

Die anschließende Diskussion moderierte Thomas Drexel, Architekturfotograf und Journalist. „Im Unterallgäu wird Baukultur als wichtige Zukunftsaufgabe begriffen,“ sagte er. Das sei nicht selbstverständlich.

Viele Zuhörer meldeten sich zu Wort, um ihre Ansichten kund zu tun, einige auch, um die Veranstaltung zu loben. Einer fragte, wie die Gemeinden Bauherrn unterstützen können, die in Gebäude im Ortskern investieren. Lauer erklärte, einen Preis auszuloben sei ein Anreiz. Zudem sprach er sich für innerörtliche Bauleitpläne aus.

Landrat Weirather schlug vor, Exkursionen in Gemeinden zu unternehmen, die bereits Modelle zur Steuerung der Innerortsentwicklung praktizieren. Zudem machte er deutlich: Wer ein altes Gebäude saniert, leiste nicht primär einen Dienst an der Allgemeinheit, sondern in erster Linie an sich selbst: „In alten Gebäuden kann eine ganz besondere Lebensqualität liegen.“

Inhalt zuletzt aktualisiert am: 07.10.2024