DRUCKEN
Lesung von Hubert Eichheim: Nachdenklich und unterhaltsam

Lesung von Hubert Eichheim: Nachdenklich und unterhaltsam

Von: PS

Zum Bild: Hubert Eichheim las im Landratsamt aus dem Buch „Endmoräne - Erinnerungen an eine Heimat 1938 - 1949“.

Hubert Eichheim erinnert sich, wie seine Mutter erblasste, als sie beim Einkaufen vom Judenlager am oberen Bahnhof erfuhr. Er erinnert daran, wie Hitler in Landsberg im Gefängnis saß und von den Türkheimern mit Backsteinkäse und Hefezopf versorgt wurde oder seine Eltern Hitlers „Mein Kampf“ zur Hochzeit bekamen. In seinem autobiografischen Buch „Endmoräne - Erinnerungen an eine Heimat 1938 - 1949“ spürt Eichheim der Geschichte Türkheims in der Zeit des Zweiten Weltkriegs nach. Aus dem nun erschienen Werk las er jetzt im Foyer des Landratsamts in Mindelheim. In der kurzweiligen Lesung machte Eichheim nachdenklich, verstand es aber auch, seine Zuhörer zu unterhalten.

Der gebürtige Türkheimer, der heute in Griechenland lebt, erzählt in seinem Buch bildhaft und detailreich und erweckt  die Vergangenheit so zum Leben. Szenen des Kriegs wechseln sich ab mit humorvollen Anekdoten und feinsinnigen Personenbeschreibungen. „Brillant“ nannte Landrat Hans-Joachim Weirather seine Art zu schreiben. Eichheim sei ein „guter Beobachter seiner Zeit“. Auch Dr. Peter Fassl, Heimatpfleger des Bezirks Schwaben, hob die präzise Schilderung der Zeit des Nationalsozialismus hervor. Trotz aller Genauigkeit habe der 1934 geborene Autor aber einen distanzierten Blick auf die Heimat. Der Leser könne sich selbst ein Urteil bilden.

Eichheim ist in Türkheim aufgewachsen, war für das Goethe-Institut im internationalen Kulturaustausch tätig und bereiste die Welt. Anlässlich eines Klassentreffens kam er nach vielen Jahren nach Türkheim zurück und begann für sein Buch mit Zeitzeugen zu sprechen und historische Quellen zu studieren. So wurde die Marktgemeinde zu einem „Untersuchungsort mit exemplarischen Qualitäten“, sagte Fassl. Türkheim reihe sich nahtlos in die allgemeine Geschichte der Bundesrepublik ein.

Eichheim berichtet in seinem Werk von seiner Familie, den Nachbarn, Mitschülern, den frommen Kapuzinern und den Fremden, die dem Ort innerhalb weniger Jahre einen völlig neuen Charakter verliehen. Dazu gehören auch die französischen und russischen Kriegsgefangenen, die Zwangsarbeiter und die Juden im Konzentrationslager, um das die Kinder herumschlichen. Er geht der Frage nach, wie Erwachsene und Kinder den Alltag des Nationalsozialismus und des Krieges erlebten und welche Folgen das für die ländliche Gemeinde und deren Bewohner hatte.

Wer sich mit Eichheim auf die Spurensuche in Türkheim begibt, erfährt von einem Klima der Angst und einem gespaltenen Ort. Die „Erinnerungsarbeit“, die der Autor leiste, reicht laut Fassl bis hin zu den „ratlosen, seelisch angeschlagenen Bürgern am Ende des Kriegs“ und der „gelähmten Heimat der Nachkriegszeit“. Die Lektüre: lohnend!

Musikalisch umrahmt wurde die Lesung von den Landratsamtsmitarbeitern Franziska Bosch und Matthias Baur mit Saxophon und Trompete.

 

Info: Hubert Eichheim: Endmoräne - Erinnerungen an eine Heimat 1938 - 1949, Verlag BoD Norderstedt 2015, 216 Seiten, ISBN 9783734763434, Ladenpreis 14,99 Euro, im Internet als Download für 3,99 Euro erhältlich.

 

Inhalt zuletzt aktualisiert am: 10.10.2024