Masern und Keuchhusten stehen im Mittelpunkt der zweiten Bayerischen Impfwoche, die in diesem Jahr vom 4. bis 9. April stattfindet. Dass es sich bei beiden Erkrankungen keinesfalls nur um harmlose Kinderkrankheiten handelt, darauf weist der Leiter des Gesundheitsamts am Landratsamt Unterallgäu, Dr. Wolfgang Glasmann, jetzt im Interview hin.
Gibt es Masern bei uns überhaupt noch?
Dr. Glasmann: „Ja, seit Jahren treten in unseren Nachbarländern wieder gehäuft Masernerkrankungen auf, zum Beispiel in der Schweiz seit 2006 einige Tausend. Auch in Bayern, zum Beispiel auch im benachbarten Oberbayern, grassieren Masernerkrankungen - allein in diesem Jahr wurden bereits über 40 Fälle gemeldet. Dabei könnten die Masern sogar ganz ausgerottet werden, da sie nur beim Menschen vorkommen. Hierfür müssten allerdings mindestens 95 Prozent der Kinder zweimal geimpft werden. Deutschland liegt hier im internationalen Vergleich jedoch weit hinten. Bei uns im Unterallgäu waren bei einer Erhebung des Gesundheitsamts im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung 2009 leider nur 74,5 Prozent der Kinder zweimal geimpft.“
Sind Masern denn nicht eine harmlose Kinderkrankheit?
Dr. Glasmann: „Nein, keinesfalls. Viele Erkrankungen betreffen mittlerweile Jugendliche und junge Erwachsene. Bei diesen verlaufen Masern erfahrungsgemäß eher noch schwerer als bei Kleinkindern. Masern sind hoch ansteckend. Auch in Deutschland kommt es zu vereinzelten Todesfällen. Vor allem Komplikationen wie eine Mittelohr-, oder eine Lungenentzündung und die gefährliche Hirnentzündung (Masern-Enzephalitis) können eine Krankenhausbehandlung nötig machen und bleibende Spätschäden nach sich ziehen.“
Wie können Eltern denn erkennen, ob ihr Kind Masern hat?
Dr. Glasmann: „Zu Beginn ähnelt die Erkrankung einem Infekt der oberen Atemwege, es kann also zu Fieber, Schnupfen, Bronchitis oder einer Bindehautentzündung kommen. Nach etwa vier bis fünf Tagen tritt dann der typische rotfleckige Masernausschlag auf, der meistens im Gesicht und hinter den Ohren beginnt.“
Wie können Masern behandelt werden?
Dr. Glasmann: „Eine ursächliche Behandlung gibt es nicht. Behandelt werden vor allem die Symptome, also zum Beispiel das Fieber.“
Ein vollständiger Impfschutz wäre also empfehlenswert.
Dr. Glasmann: „In der Tat. Es gibt seit vielen Jahren einen gut verträglichen Masern-Impfstoff. In der Regel wird ein Dreifach-Impfstoff, der gegen Masern, Mumps und Röteln wirkt, verwendet. Der Impfstoff wird normalerweise Kindern im zweiten Lebensjahr verabreicht, und zwar zwei Injektionen im Mindestabstand von vier bis sechs Wochen. Neu ist die Empfehlung der Ständigen Impfkommission, dass auch junge Erwachsene, die nach 1970 geboren wurden, gegen Masern geimpft werden sollen, wenn bei diesen nur eine oder keine Masernimpfung dokumentiert ist. Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang auch, dass ein Kind mit Masern-Ansteckungsverdacht zwei Wochen lang nicht mehr in den Kindergarten oder die Schule gehen darf - außer es können zwei Masernimpfungen oder eine durchgemachte Masernerkrankung nachgewiesen werden.“
Neben den Masern steht auch der Keuchhusten im Mittelpunkt der zweiten Bayerischen Impfwoche. Gibt es hierzu neue Erkenntnisse?
Dr. Glasmann: „Es hat sich herausgestellt, dass die Immunität nach einer Keuchhustenerkrankung oder -impfung nur etwa zehn bis 15 Jahre anhält.“
Heißt das, dass auch Erwachsene am Keuchhusten erkranken können?
Dr. Glasmann: „Ganz richtig, nur wird ein länger dauernder Husten bei Erwachsenen oft nicht als Keuchhusten erkannt. Und diese Erwachsenen können dann andere Personen, also zum Beispiel ihre Kinder oder Enkel, mit Keuchhusten anstecken. Gerade für Säuglinge oder Kleinkinder kann dies sehr gefährlich werden. Deshalb wird von der Ständigen Impfkommission für alle Erwachsenen eine Keuchhustenimpfung, gemeinsam mit der nächsten Tetanus-Diphtherie-Auffrisch-Impfung empfohlen.“