Ob Sumpfglanzstendel oder Zierliches Wollgras, ob Großer Brachvogel oder Bekassine - sie alle haben eines gemeinsam: Streuwiesen sind ein immens wichtiger Lebensraum für sie. Die Streuwiesen zu erhalten und brach liegende Wiesen wiederherzustellen, hierfür engagieren sich die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt und der Landschaftspflegeverband (LPV) Unterallgäu seit vielen Jahren. Mit Erfolg: Insgesamt rund 180 Hektar Streuwiesen im ganzen Landkreis pflegt der LPV, hinzu kommen weitere etwa 50 Hektar, die von Naturschutz-Organisationen bewirtschaftet werden.
So sorgte eine Ankündigung aus dem bayerischen Umweltministerium in der vergangenen Woche auch im Unterallgäu für Aufregung: Ab 2011 sollten finanzielle Mittel gestrichen und keine neuen Verpflichtungen für die Landschaftspflege mehr eingegangen werden. Inzwischen wurde dies zwar relativiert, dennoch sorgt man sich im Unterallgäu um die Zukunft. So wandte sich Landrat Hans-Joachim Weirather jetzt mit der Bitte an den Mindelheimer Finanzstaatssekretär Franz Pschierer, sich für den Erhalt des Landschaftspflegeprogramms und den Vertragsnaturschutz einzusetzen.
Müsste man die Feuchtwiesen einige Jahre sich selbst überlassen, weil das Geld für die Pflege fehlt, so würde es laut LPV-Geschäftsführer Jens Franke zwischen 2500 und 7500 Euro je Hektar kosten, um sie später wiederherzustellen. Denn: Werden Streuwiesen nicht gezielt gepflegt, so verbuschen oder verschilfen sie in wenigen Jahren. Die seltenen Pflanzen werden verdrängt und damit auch der Lebensraum für seltene Tiere. Die kontinuierliche Pflege koste im Jahr dagegen zwischen 700 und 1200 Euro je Hektar. „Dies zeigt deutlich, dass der Spareffekt durch eine Unterbrechung der Pflege sehr zweifelhaft wäre“, so Landrat Weirather. „Was bisher läuft, würde zum Stillstand kommen“, ergänzt Franke. „Und Stillstand bedeutet in diesem Fall immer einen Rückschritt. Unsere Arbeit der vergangenen Jahre stünde auf dem Spiel.“
Insgesamt über 770.000 Euro wurden in den vergangenen Jahren allein in die Pflege der großen Streuwiesen im Hundsmoor zwischen Hawangen und Westerheim, im Pfaffenhauser Moos, im Kettershauser Ried und in die Offenhaltung des Benninger Rieds gesteckt. Hinzu kommen viele kleinere Wiesen, die inzwischen hochwertige Biotope, also Lebensraum für viele seltene Tiere und Pflanzen sind. Zum Vergleich: Während auf einer durchschnittlichen, normal gedüngten Unterallgäuer Wiese etwa 15 Pflanzenarten wachsen, so finden sich beispielsweise auf einer Streuwiese im Hundsmoor mindestens 150 verschiedene Pflanzenarten. Für die auf den Wiesen lebenden Tiere gelte ein ähnliches Verhältnis, so Franke. Das mit vielen Kräutern durchsetzte Mähgut ist bei Landwirten und bei Pferdebesitzern inzwischen so beliebt, dass die Nachfrage das Angebot aktuell übersteigt.
Nicht vergessen werden dürfe aber auch der Wert der Streuwiesen für die Menschen: „Sie sprechen mit ihrer Farbenpracht, mit den vielfältigen Geräuschen und Gerüchen alle Sinne an und sind damit auch Erholungsräume für Einheimische und Gäste gleichermaßen“, so Franke.
Was versteht man unter einer Streuwiese?
Eine Streuwiese kann nur entstehen, wenn bestimmte Standortfaktoren zusammentreffen: Der Boden muss nährstoffarm sein (im Idealfall wurde nie gedüngt), der Grundwasserstand muss hoch sein und durch eine regelmäßige, späte Mahd werden die Flächen offen gehalten, um lichtbedürftige Pflanzen und Tiere zu fördern. Passen diese extremen Faktoren, so siedelt sich dort ein besonderes Spektrum von Tieren und Pflanzen an, die wegen ihrer Spezialisierung meist selten sind und damit rasch auf den Listen der gefährdeten Arten auftauchen. Eine Streuwiese wird nur einmal im Jahr gemäht - mit viel Handarbeit und Spezialmaschinen, weil schwere Fahrzeuge einsinken würden. Das Mähgut wird im Stall als Einstreu verwendet und ist auch als Pferdefutter sehr beliebt.
Nähere Informationen über die Landschaftspflege finden Sie <link _blank>hier.