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Suchtprävention: Wenn das Gehirn im Umbau ist

Suchtprävention: Wenn das Gehirn im Umbau ist

Von: Pressestelle

Warum richten sich Programme zur Alkohol- und Drogenprävention meist an Jugendliche, warum nicht an Senioren? Mit dieser Frage begann Professor Dr. Jörg Wolstein, Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie, seinen Vortrag „Rausch und Pubertät – Rauschmittelkonsum im Jugendalter“ im Landratsamt Unterallgäu. Organisiert und finanziert hat die Veranstaltung der Verein „Fliegenpilz“ aus Memmingen zusammen mit der Psychosozialen Beratungsstelle der Arbeiterwohlfahrt und dem Landratsamt Unterallgäu. Der Vortrag richtete sich hauptsächlich an Fachkräfte aus der Jugendarbeit, Lehrer, Mitarbeiter von Polizei und Justiz.

Um obige Frage zu beantworten, erklärte der Referent zunächst die Entwicklung des Gehirns: In der Pubertät werde es massiv umgebaut, auch das System der Botenstoffe, das an emotionalen Prozessen beteiligt ist. Eine Folge: Jugendliche suchen verstärkt das Risiko, auch riskante Konsummuster. Gleichzeitig nehmen aber die neuronalen Strukturen des Gehirns aufgrund der Umbauprozesse leichter Schaden.

Auf dem Weg zum Erwachsenwerden müssen Jugendliche Entwicklungsaufgaben meistern. Manche Jugendliche setzen dafür Suchtmittel als „Instrument“ ein. Wolstein riet, die Konsummotive der Jugendlichen zu erfragen. „Prävention muss an diese Motive anknüpfen.“

Außerdem erklärte der Facharzt, welchen Einfluss die Erziehung auf das Suchtverhalten hat. So brauchen Kinder Wärme und Zuneigung, ebenso aber Lenkung, Grenzen und Disziplin. Eltern müssen sich laut Wolstein auch ihrer Vorbildfunktion bewusst sein. Wirksame Prävention beinhalte auch Elternarbeit.

Außerdem sei es wichtig, Jugendlichen Selbstwirksamkeit zu vermitteln, ihnen also zu der Erfahrung zu verhelfen „Ich kann etwas schaffen“. Besonders gut erreiche man Jugendliche über andere Jugendliche. Wolstein berichtete von erfolgreichen Projekten, bei denen ältere Schüler geschult werden und ihr Wissen dann an Jüngere weitergeben.

Eingangs hatte Brigitte Grenzstein, Vorsitzende des Vereins Fliegenpilz, berichtet, dass in der Stadt Memmingen und im Landkreis Unterallgäu rund 80 Prozent der Jugendlichen, die alkoholisiert aufgegriffen werden, an dem Projekt „Steil“ teilnehmen. Vorbild für „Steil“ war das Alkohol-Präventionsprojekt „Halt“, das Jörg Wolstein mitentwickelt hat.

 Über „Steil“

„Steil“ ist ein Kooperationsprojekt der Jugendämter des Landkreises Unterallgäu und der Stadt Memmingen, der Gesundheitsämter, der Psychosozialen Beratungsstelle der Arbeiterwohlfahrt und des Elterntalks. Es wird von Fliegenpilz e.V. finanziell unterstützt. Das Angebot richtet sich vor allem an Jugendliche, die durch übermäßigen Alkoholkonsum aufgefallen sind, zum Beispiel, weil sie ins Krankenhaus eingeliefert oder von der Polizei aufgegriffen wurden. Sie werden dann zu einem erlebnispädagogischen Workshop eingeladen, zu dem sie auch ihre Freunde mitbringen können. Den Eltern wird die Teilnahme am Seminar „Hilfe, mein Kind pubertiert!“ angeboten. Mehr erfahren Sie im Internet unter <link>www.unterallgaeu.de/steil

Der nächste Steil-Workshop findet am Samstag, 30. Januar 2016 statt.

Inhalt zuletzt aktualisiert am: 10.10.2024