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Tattoo und Piercing: Körperkult oder Körperverletzung?

Tattoo und Piercing: Körperkult oder Körperverletzung?

Kreisjugendpflegerin Lisa Huber. Foto: Landratsamt

Es beginnt mit einem kleinen Loch im Ohrläppchen. Irgendwann hat das Loch den Durchmesser eines kleinen Fingers … - und wird größer und größer. „Flesh Tunnel“, zu Deutsch Fleischtunnel, heißt dieser Trend, der bei vielen Jugendlichen derzeit angesagt ist. Piercings, Tattoos, Undercut (untere Kopfhälfte rasiert) oder nahtlose Bräune - gerade junge Leute eifern solchen, zum Teil streitbaren, Modeerscheinungen nach. Doch können sie die gesundheitlichen und sozialen Risiken solcher Eingriffe einschätzen? Und wie ist das gesetzlich geregelt? Droht einem Frisör eine Klage, wenn er einem  Minderjährigen die Haare pink färbt? Kreisjugendpflegerin Lisa Huber gibt Auskunft.

Tattoos, bunte Haare, Zungenpiercing - warum sind gerade Jugendliche auf äußerliche Extreme aus?

Lisa Huber: Viele Jugendliche verspüren den Drang, sich abzugrenzen, anders zu sein. Ebenso spielt aber auch die Zugehörigkeit zu einer Clique eine wichtige Rolle.

Ab welchem Alter darf sich ein Jugendlicher ein Tattoo stechen oder sich piercen lassen?

Lisa Huber: Laut Strafrecht ist Tätowieren oder Piercen eine gefährliche Körperverletzung. Also darf ein solcher Eingriff grundsätzlich nur vorgenommen werden, wenn die Person eingewilligt hat und über die Risiken ausreichend aufgeklärt wurde. Bei Minderjährigen kommt es darauf an, ob sie die Folgen des Eingriffs hinreichend einschätzen können. Ausschlaggebend sind hier Alter und Reife des Jugendlichen. Tattoos und Piercings bergen schließlich nicht nur gesundheitliche Risiken. Eine Tätowierung bleibt ein Leben lang. An ungünstiger Stelle kann sie in einigen Branchen den beruflichen Aufstieg einschränken. Ähnliches gilt für die geweiteten Ohrlöcher.

Auch finanziell können solche Eingriffe weitreichende Folgen haben. Will jemand seine Tätowierung entfernen lassen, muss er dies selbst bezahlen. Und kommt es durch ein Piercing oder eine Tätowierung zu gesundheitlichen Schwierigkeiten, kann die Krankenkasse den Versicherten an den Kosten beteiligen. Da Minderjährige diese Risiken in aller Regel noch nicht überblicken, müssen grundsätzlich beide Eltern schriftlich einwilligen, ehe sich ihr Kind tätowieren oder piercen lässt.

Langfristig kann auch der Gang ins Solarium gesundheitliche Auswirkungen haben. Welche Regeln gelten hier für Jugendliche?

Lisa Huber: Minderjährige dürfen grundsätzlich keine Sonnenbänke nutzen - daran ändert sich auch nichts, wenn die Eltern eigentlich zustimmen würden.

Modern sind derzeit künstliche Nägel. Was ist hier bei Jugendlichen zu beachten?

Lisa Huber: Minderjährige sind noch nicht vollständig ausgewachsen. Wird regelmäßig Gel auf dem Nagel angebracht, könnte dies das Wachstum der Nägel beeinträchtigen. Deshalb sollten Nagelstudios nur erwachsene Kunden annehmen und bei Mädchen ab 16 eine Einverständniserklärung der Eltern fordern, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Einen guten Nageldesigner erkennt man übrigens daran, dass er vorab einen Probenagel macht und sehr auf Hygiene achtet.

Auch was Frisuren und Haarfarben angeht, gibt es die verrücktesten Trends. Kann ein Jugendlicher über seine Frisur allein bestimmen?

Lisa Huber: Rechtlich muss ein Frisör sich keine Einverständniserklärung vorlegen lassen, wenn er einem unter 16-Jährigen die Haare schneidet. Allerdings besteht ja beim Haare färben das Risiko von allergischen Reaktion. Deshalb wäre es sinnvoll, wenn der Frisör vorab nicht nur den Jugendlichen, sondern auch dessen Eltern, über das Risiko aufklärt.

Inhalt zuletzt aktualisiert am: 04.10.2024