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Viele sind betroffen, aber kaum jemand spricht darüber

Viele sind betroffen, aber kaum jemand spricht darüber

Von: PS

Bei der Ausstellungseröffnung dabei waren (von links) Jugendbeamter Winfried Kohler (PI Mindelheim), die Sachbearbeiter „Häusliche Gewalt“ Thomas Wieland (PI Memmingen) und Georg Hämmerle (PI Bad Wörishofen), Landrat Hans-Joachim Weirather, Nadine

Die Dame liegt auf der Couch, blättert in einem Katalog - vielleicht eine Geschäftsfrau. Sie trägt eine modische Bluse und einen Rock. Doch aus einem anderen Blickwinkel gibt sie ein ganz anderes Bild ab: Die Frau weint, hält ein Taschentuch in den Händen. Mehrere solcher Wechselbilder sind in der Ausstellung „Blick dahinter - Häusliche Gewalt gegen Frauen“ zu sehen. An Hörstationen kommen zudem Betroffene zu Wort und es gibt Informationen über Hilfsangebote.

Noch bis 10. Dezember macht die Wanderausstellung des Bayerischen Staatministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration im Foyer des Landratsamtes Unterallgäu in Mindelheim Station.

Bei der Ausstellungseröffnung am internationalen Tag „Nein zu Gewalt an Frauen“ wurde deutlich: Häusliche Gewalt kommt öfter vor, als man denkt. Doch oft bewahren die Betroffenen nach Außen die Fassade der heilen Familie.

Im Bereich Unterallgäu und Memmingen werden durchschnittlich 200 Fälle pro Jahr bekannt, informierte Dagmar Bethke, Beauftragte für Frauen und Kinder am Polizeipräsidium Schwaben Süd/West. „Wir gehen aber von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus“, so die Kriminalhauptkommissarin.

Sie erzählte von einer Frau, die über 30 Jahre lang unter der Gewalttätigkeit ihres Ehemannes litt, Fausthiebe und sogar Messerangriffe hinnehmen musste - doch weder sie noch ihre Kinder wollten Anzeige gegen den Vater erstatten.

Oft würden Frauen die Gewalt den Kindern zuliebe aushalten, so Bethke. Doch Studien belegen: Kinder leiden genauso unter dieser Gewalt - sogar, wenn sie nicht selbst das Opfer sind. Wer in der Kindheit häufig Gewalt miterlebt, werde selbst eher gewalttätig oder auch Opfer von Gewalt und tue sich schwerer, Bindungen einzugehen, sagen die Studien.

Landrat Hans-Joachim Weirather rief dazu auf, hinzuschauen. „Die Ausstellung ,Blick dahinter‘ soll enttabuisieren.“ Und er wies auf die Stellen im Landkreis hin, die Betroffenen helfen, wie zum Beispiel das Frauenhaus.

Ulrike Klotz, Gleichstellungsbeauftragte für das Landratsamt, berichtete über den Hintergrund des internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen: Am 25. November 1960 wurden die Schwestern Mirabal in der dominikanischen Republik verschleppt und ermordet, weil sie als Regimegegnerinnen galten. Mittlerweile wird an diesem Tag das Thema „Gewalt an Frauen“ auf verschiedene Weise thematisiert. Vor dem Landratsamt in Mindelheim wird an diesem Tag unter anderem eine besondere Flagge gehisst.

Die Ausstellung im Foyer des Landratsamtes ist Montag bis Donnerstag von 8 bis 17.30 Uhr sowie am Freitag von 8 bis 12 Uhr geöffnet. Am Mittwoch, 4. Dezember, ist von 9 bis 11 Uhr eine Ansprechpartnerin der Koordinierenden Kinderschutzstelle (KoKi) im Ausstellungsraum anwesend.

Das Beratungstelefon des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West ist unter der Nummer 0831/9909-1312 zu erreichen.

Inhalt zuletzt aktualisiert am: 07.10.2024